Neues Terminal und mehr Kapazität für Ercan

In den letzten Jahren ist es eng geworden am Flughafen Ercan (ECN/LCEN) in der Türkischen Republik Nordzypern. Zu Zeiten des Zweiten Weltkreiges wurde unter britischer Herrschaft am Ort des heutigen Flughafens zunächst eine unbefestigte Landebahn gebaut. 1975 wurde mit dem Bau des heutigen Terminals begonnen und 1977 eröffnet. 2012 übernahm T&T Airport Operations den Betrieb und erweiterte das Terminal auf 20.000qm, ausgelegt für eine Kapazität von einer Million Passagiere jährlich. Zudem wurde alles auf internationalen ICAO-Standard modernisiert. Doch 2019, vor der Pandemie, wurden bereits über vier Millionen abgefertigt. „Das geht nur mit viel Einsatz und extra Arbeit unserer etwas über 1000 Mitarbeiter“, erzählt Serhat Özcelik. Er ist seit 2013 General Manager von T&T und war vorher für den Bau des heutigen Terminals in Taschkent verantwortlich. Seit der Übernahme von T&T ist Ercan auch zur Hälfte in privater Hand. Den anderen Teil behält weiterhin der Staat.

Mit der Teilprivatisierung wurde auch der Bau eines neuen Terminals für 10 Millionen Passagiere und einer neuen zusätzlichen Landebahn auf der Südseite des Flughafenareals angekündigt. Doch erst 2016 konnte damit begonnen werden, da erst noch ein Stück Land gekauft werden musste, auf dem sich mittlerweile die neue Landebahn befindet. In den beiden Folgejahren kam es noch einmal zu einer Verzögerung durch erneute Komplikationen beim Landkauf. Es überrascht nicht, dass auch in Nordzypern die Corona-Pandemie ihre Spuren hinterlassen hat. So kam es zu einem längeren Baustopp, da die Arbeiter vorübergehend keine Arbeitserlaubnis bekamen. Doch nun ist die Fertigstellung und Eröffnung für April 2023 geplant.

Mit einem Kostenvolumen von 500-600 Millionen Euro ist das neue Terminal mitsamt Vorfeld und neuer Landebahn eine der größten Investitionen des Landes. Man setzt auf internationalen Standard und beste Ausstattung. „Die Aufzüge und Rolltreppen sind von Schindler und das ILS mit neuester Technik kommt von ADB Safegate aus den USA“, schwärmt Özcelik. Insgesamt wird es 30 Parkpositionen geben (die 11 am alten Vorfeld mitgerechnet), davon neun mit von Thyssen gebauten Fluggastbrücken. Eine ist sogar A380-tauglich. Ob dieser jedoch jemals in Ercan landen wird, ist fraglich. Denn den Flughafen trifft das schwere Los, international nicht anerkannt zu werden. Die Übernahme des nördlichen Zyperns durch die Türkei 1974 sorgte international für Kritik. Folglich wurde der Status des Flughafens Ercan von Beginn an weltweit nicht anerkannt. Das dauert bis heute an. Daher dürfen gemäß internationaler Regeln nur Flüge von und in die Türkei ab ECN durchgeführt werden. Özcelik wünscht sich die längst überflüssige Aufhebung dieses Embargos. Das würde die Passagierzahlen deutlich steigen lassen. Der Flughafen wäre schon jetzt mit seinem alten Terminal für internationalen Verkehr bereit.

Hier entsteht ein Duty Free Laden.

Noch sind alle Bänke und Teppiche mit Schutzfolie verkleidet, um sie vor Bauschmutz zu schützen

Die Gepäckbänder in der Ankunftshalle nehmen Gestalt an

Ein „Finger“ ist sogar A380-tauglich

Das VIP-Terminal hat einen eigenen separaten Eingang

Die Säulen im Inneren des neuen Terminals sollen den zyprischen Olivenbaum symbolisieren. Insgesamt erwarten den Passagier 60 Check-in-Schalter, 44 Passkontrollschalter und 26 Röntgengeräte an der Sicherheitskontrolle. In vier Lounges und neun Restaurants können die Gäste vor dem Flug entspannen. VIP-Gäste werden in einem separaten Gebäudeteil mit eigenem Eingang betreut. Die vier Kilometer lange Gepäckförderanlage von Europas größtem Hersteller Vanderlande bewältigt 5000 Gepäckstücke pro Stunde. Tankwägen gehören der Vergangenheit an. Für die Belieferung der Flugzeuge mit Kerosin stehen Unterflurleitungen zur Verfügung. Die öffentliche Anreise kann per Bus oder Taxi erfolgen. Eine Schienenanbindung an die 13km entfernte Hauptstadt Nicosia/Lefkoşa rentiert sich nicht. Für Autos stehen ein offener Parkplatz sowie ein Parkhaus für insgesamt 3000 Fahrzeuge auf einer Fläche von 40.000qm zu Verfügung.

Aktuell finden pro Tag mehr als 70 Flüge statt. Vor der Pandemie waren es bis zu 110. Özcelik rechnet damit, dass im Jahr 2022 voraussichtlich wieder drei Millionen Passagiere erreicht werden, das wäre 75% vom Niveau vor der Pandemie. Insgesamt werden neun türkische Flughäfen von den drei Linienfluggesellschaften Turkish Airlines, AnadoluJet und Pegasus bedient. Letztere hat sogar zwei A320neo in Ercan stationiert. Für Charterflüge lassen sich Freebird, Corendon und Tailwind häufig blicken. Auch die private Luftfahrt spielt eine große Rolle am Platz. Besonders während der Pandemie hatte diese stark zugenommen. Ein eigenes Gebäude dafür ist in Planung. Nach Eröffnung des neuen Terminals wird das heutige VIP-Terminal am alten Vorfeld erstmal zum GA-Terminal umfunktioniert, bis ein von Grund auf neues gebaut werden wird. Helikopterverkehr und Fracht hingegen spielen in Ercan keine Rolle. Zusätzlich zur Fracht in den Passagierflugzeugen verirren sich nur ganz selten reine Frachter nach Nordzypern. Es gibt hier sehr gute Schiffsanbindungen in die Türkei und übers Wasser ist der Warentransport deutlich günstiger.

Im Vergleich zum Flughafen von Larnaca auf der griechischen Seite Zyperns, welcher sämtliche internationale Flüge mit Touristen aus aller Welt empfängt, steht Ercan besser da. „Man muss sich die Bettenkapazität vor Augen halten. Im Süden gibt es 110.000 Betten, hier in Nordzypern nur 27.000. Legt man dann die Passagierzahlen beider Flughäfen nebeneinander, erkennt man, dass wir prozentual mehr Passagieraufkommen haben“, rechnet Özcelik vor. Etwa 65% der Flugpassagiere sind Türken, 14% Einheimische und 11-12% Touristen oder Arbeiter.

Blick vom neuen Terminal hinüber zum alten

Die Gepäckförderanlage kommt vom Hersteller Vanderlande

Großes Parkhaus gegenüber des Terminals

Wenn das neue Terminal einmal in Betrieb ist, wird die aktuell genutzte alte Landebahn grundsaniert und um 400m verlängert, sodass dann mit der neuen zwei parallele jeweils 3200x60m lange Bahnen zur Verfügung stehen werden. Das alte Vorfeld wird als Ausweichparkfläche genutzt und das alte Terminal eventuell als Flugschulgebäude verwendet werden. Aufgrund des guten trockenen Wetters auf Zypern gibt es eine hohe Nachfrage nach einem Standort für Flugschulen.

Im Dezember bekam das neue Terminal seine für den vollen Betrieb nötige Stromzufuhr. Mit dieser startete ein Testlauf aller Systeme, welcher drei bis vier Monate dauern wird. Wenn alles gut geht und das neue Terminal mit seiner Fläche von knapp 80.000qm im April 2023 in Betrieb geht, wird Ercan gemessen an seiner Größe nach Istanbul, Ankara, Izmir und Antalya der viertgrößte Flughafen der Türkei sein.

Der Kontrollturm von Ercan

Blick vom Tower auf das alte Terminal und die Skyline der Stadt Lefcosa/Nicosia im Hintergrund

Blick vom Tower auf das neue Terminal im Süden sowie die alte und neue Landebahn