Die Insel Neuguinea ist nach Grönland die zweigrößte Insel der Welt. Sie beherbergt auch den größten Tropenwald Australasiens. Den östlichen Teil des Landes bildet der eigenständige Staat Papua-Neuguinea, der westliche gehört zu Indonesien. Das Inselzentrum durchschneidet eine hohe Gebirgskette von West nach Ost. In West-Papua, wie der indonesische Teil von Neuguinea offiziell auch heißt, tragen die Berge den Namen Maokegebirge. Hier befindet sich mit dem 4884m hohen Puncak Yaja auch der höchste Gipfel von Ozeanien und der weltweit höchste Gipfel auf einer Insel.
Diese Region ist die Heimat der Charter-Fluggesellschaft AMA (Associated Mission Aviation). Sie besitzt aktuell acht Flugzeuge. Vier Pilatus Porter und vier Cessna Grand Caravan. Von insgesamt sechs verschiedenen Basen aus versorgt sie die abgeschiedenen Bergdörfer im Land. Die Geschichte von AMA reicht bis zurück in die Zeit nach dem zweiten Weltkrieg. Als die Holländer West-Papua noch als Kolonialmacht verwalteten, begannen bereits 1935 Verhandlungen und Gespräche zwischen der katholischen Kirche und den Holländern. Man dachte bereits an eine Versorgung der Bevölkerung aus der Luft. Nach mehreren Jahren des Geldsammelns wurde schließlich im Jahr 1959 die erste Cessna 180 mit Kolbenmotor von AMA in Dienst gestellt. Die ersten Piloten waren Priester, die extra dafür den Flugschein machten. 1960 fand der erste Materialabwurf zum Bau einer Landepiste in den unzugänglichen Bergen von einem AMA-Flugzeug statt. Nach mehreren Flugunfällen in den ersten Jahren ersetzten professionelle Piloten die fliegenden Priester. Diese wurden sogar von KLM in Europa ausgebildet.



- Pilot André Pinto von AMA macht die Pilatus Porter auf dem Flughafen Nabire startklar. Ein ausgiebiger Check der Maschine ist überlebenswichtig für den Flug in die Berge.

- auch bei schlechterem Wetter finden die Flüge statt – allerdings nur wenn es sicher ist zu fliegen und die Sicht für die Landungen passt


- Anflug auf die Piste von Bugalaga – Platzhöhe 5700ft, Pistelänge 498m, Steigung 8-24%

- gleich nach der Landung kommt die Dorfbevölkerung – ein Flugzeug ist immer noch eine willkommene Abwechslung im Alltag der Dorfbewohner und was Besonderes

- ist kein Flugzeug im Anflug, wird die Landebahn als Weg benutzt…



Noch heute ist die katholische Kirche die Eigentümerin von AMA, auch wenn seit 2014 keine Missionarsflüge wie in der Anfangszeit mehr durchgeführt werden. AMA ist nun eine rein kommerzielle Charter-Fluggesellschaft. Insgesamt sind 15 Piloten bei ihr beschäftigt. Vier davon alleine für die Pilatus Porter. Der Verdienst ist nicht schlecht. Zwischen 4000 und 7000 US-Dollar beträgt der durchschnittliche Netto-Monatslohn. Dazu bekommt jeder eine Unterkunft und ein Fahrzeug gestellt.

- kurzer außerplanmäßiger Stopp in Bilogai. Hier gibt es eine Asphaltbahn.


- da Bilogai regelmäßig von der Unabhängigkeitsbewegung OPM angegriffen wird, ist hier das indonesische Militär stationiert – dem Autor gegenüber war man freundlich gesinnt. Eine willkommene Abwechslung im Alltag der Soldaten!

- die AMA-Basis in Wamena, im Zentrum West-Papuas

- Anflug auf die 310m lange Piste von Pasikni in 5800ft Höhe. Hier erwartet die Piloten 9-18% Steigung.


- längst hat westliche Kleidung Einzug in den Dörfern gehalten. Doch manchmal findet man sie noch, die Männer mit der traditionellen Koteka, dem Penisköcher.


Doch ganz ungefährlich ist die Arbeit als Pilot in dieser Region der Welt nicht. Denn in manchen Gegenden operiert die Unabhängigkeitsbewegung Organisasi Papua Merdeka (OPM). Sie kämpft für ein unabhängiges Papua gegen das indonesische Militär, das in West-Papua stark vertreten ist. Nicht selten werden Piloten entführt oder Flugzeuge beschossen. Da bei AMA weder Militär, noch Polizei, Waffen, Drogen oder Alkohol transportiert werden, genießt die kleine Fluggesellschaft einen ausgezeichneten Ruf im ganzen Land. Trotzdem beobachtet sie genau, welche der Landebahnen in den Bergen sicher sind. Man pflegt enge Kontakte mit den Dorfbewohnern. Sollte die OPM zu nahe an ein Dorf heranrücken, würde dessen Landebahn solange geschlossen werden, bis es wieder sicher ist. Bei anderen Fluggesellschaften ist das nicht so. Da dort die Einnahmen oft vor der Sicherheit stehen, fliegen sie auch in die unsicheren „Red zones“. Diese „Red zones“ liegen oftmals nur wenige Kilometer von sicheren Landepisten entfernt.

- Landung im Dorf Prongkoli auf 5900ft Höhe

Transportiert wird alles was in die Flugzeuge passt. Lebensmittel (meist Reis), Baumaterial, Wahlutensilien bei bevorstehenden Wahlen, Personen und sogar lebende Tiere. Die Sitze in der Porter sind schnell ausgebaut und können je nach Beladung angepasst werden. Insgesamt kann die Porter 850kg zuladen. Maximal neun Personen finden in der Kabine Platz.



- ein weiterer Morgen in Wamena – zwei AMA-Porter werden für ihre Flüge in die Berge zu den Dörfern beladen

- Anflug auf Samenage in 6640ft (Pistensteigung 10-18%)




Die meisten Bergdörfer werden von der Stadt Wamena aus versorgt. Wamena selbst liegt auf 1540m in einem Tal. Das Wetter hier ist meist das stabilste in der ganzen Bergregion. Um zu den abgelegenen Dörfern zu gelangen, müssen oft Pässe bis zu 11.000ft überflogen werden. Bei gutem Sichtflugwetter ist das kein Problem. Doch auch bei schlechtem Wetter kein Problem, da auf von AMA definierten Routen oberhalb von 14.500ft IFR geflogen werden kann. Außerhalb der Reichweite des Flughafens von Wamena gibt es keinen von der Flugsicherung kontrollierten Luftraum. Für jeden Sektor gibt es daher einen Funkfrequenzbereich, auf welchem die Piloten ihre Positionen und Absichten gegenseitig mitteilen, um ein Bild über die Verkehrslage zu bekommen. Das in den Maschinen verbaute TCAS leistet zusätzlich wertvolle Dienste. Doch so eines haben die Flugzeuge anderer Fluggesellschaften teilweise nicht. Da muss man sich voll und ganz auf die Positionsangaben der anderen Piloten verlassen.


- Landung in Salema – 5000ft, 210m lange Piste mit 17-23% Steigung

- Landeplatz mit Weitblick


- Blick zurück auf Salema nach dem Abflug – die Porter weist beeindruckende Steigleistung auf

Die Kommunikation mit der Zentrale in Wamena und den einzelnen Bergdörfern erfolgt hingegen auf der Kurzwelle (HF – high frequency). So können auch die entlegensten Orte trotz Abschattung der Berge per Funk erreicht werden. Eine wichtige Voraussetzung für einen sicheren Flugbetrieb. Denn vor jedem Flug wird nicht nur das vor Ort herrschende Wetter abgefragt, sondern auch die aktuelle Sicherheitslage bzgl. der OPM. Ferner kommt es auch immer wieder einmal vor, dass sich ein anderes Dorf in die Kommunikation zwischen Pilot und Ziel einklinkt und um eine Landung bittet, wenn wichtige Güter transportiert werden müssen oder ein medizinischer Notfall vorliegt.

- Landung in Langda – Pilot André bringt einen Gouverneur im Rahmen einer Wahlkampfveranstaltung ins Dorf

- als Zeichen der Wertschätzung bekommt der Gouverneur einen toten Paradiesvogel auf den Kopf gebunden – dessen Federn gelten als besonders wertvoll

- Mabualem auf 4000ft

Hukimo – 5920ft, 210m Piste, 26% Steigung



- auch Handys sind in den Dörfern mittlerweile angekommen. Nur Verbindung gibt es keine…


- Blick zurück auf Hukimo nach dem Start
Wettertechnisch ist das Fliegen in Papua sehr angenehm. Denn es gibt weder starke Windsysteme noch extreme Wetterfronten, wie man sie in anderen Gebirgen der Welt kennt. Dennoch finden die meisten Flüge in den frühen Morgenstunden statt. Denn meistens bilden sich ab Mittag zu viele Gewitterwolken und die Winde in den Tälern nehmen zu. Dann werden die ohnehin schon schwierigen Landungen unmöglich. Die Landebahnen haben es nämlich in sich. Ebene Flächen in den Bergen sind selten. So bleibt den Einheimischen nichts anderes übrig, als Landepisten auf ansteigenden Berghängen zu bauen. Die meisten haben daher leichte bis starke Steigungen von bis zu 30%. Die kurzen Pisten mit 200-300m Länge eignen sich nur für die Pilatus Porter, welche als STOL-Flugzeug perfekt dafür geeignet ist. Auf den längeren können auch die Grand Caravan landen. Eines haben alle Pisten gemeinsam: sie sind von Hand gebaut. Hier gibt es weder Maschinen noch andere Hilfsmittel. Schaufel, Hacke und pure Muskelkraft kommen zum Einsatz. Doch es steht viel auf dem Spiel. Denn wer eine Landebahn hat, kann versorgt werden. Ansonsten müssen Fußmärsche von mehreren Tagen oder sogar Wochen in Kauf genommen werden.

- das Dorf Heleriki auf 4500ft in den Bergen Papuas



- AMA-Pilot André Pinto und der Autor unterwegs in den Bergen Papuas

- eine weitere Wahlkampfveranstaltung, diesmal im Dorf Fenteheik. Der Gouverneur – direkt unterhalb der Nase der Porter – hat das Dorf für ein Gruppenfoto zusammengetrommelt

Die Flüge sind nicht billig. Etwa 1300 US-Dollar kostet eine Stunde Flugzeit mit der Porter. Dies müssen die Dörfer selbst bezahlen. Das Geld hierfür kommt vom Staat. Ohne diese Hilfe könnten die Bergdörfer jedoch nicht überleben. Der technologische Vorstoß ist mittlerweile auch in den entlegensten Winkeln angekommen. So sieht man in den Dörfern immer wieder mal Smartphones und auch einen Fernseher gibt es hier und da. Längst hat auch westliche Kleidung Einzug gehalten. Doch vereinzelt sieht man noch überwiegend alte Menschen halb nackt mit traditioneller Kleidung, Pfeil und Bogen sowie mit Farbe bemalter Haut. Beliebt bei den Männern ist die Koteka, ein sog. Penisköcher. Dieser dient nicht nur als Schmuck oder Kleidung, sondern bei manchen Männern auch zum Imponieren.

- Moderne Maschine trifft auf alte Tradition…

- festlich gekleidete Dorfbewohner im Dorf Pasikni


- im südlichen Flachland Papuas betreibt AMA in Dekai eine weitere Basis, um die Südregion der Berge versorgen zu können
Wer bei AMA als Pilot anfängt, muss zunächst 100 Stunden zusammen mit einem Fluglehrer fliegen und verschiedene Landepisten anfliegen. Erst dann darf alleine geflogen werden. Die indonesische Sprache ist für die ausländischen Piloten kein Muss, jedoch erleichert ein kleiner indonesischer Wortschatz die Arbeit ungemein. Bisher hat AMA keine großen Unfälle zu verzeichnen. Kleinere Landeschäden gibt es jedoch immer wieder mal. Doch die sind schnell repariert. Denn die Mechaniker sind sehr stolz auf ihre Arbeit und machen diese sehr gern. Die Qualität der Flugzeuge ist herausragend. Das können die anderen Fluggesellschaften teilweise nicht von sich behaupten.

- spektakulärer Anflug auf das Dorf Lolat in 6000ft

- Piste in Sicht! 365m lang und 13-23% ansteigend

- umwerfendes Panorama in Lolat


Bleibt zu hoffen, dass sich die Sicherheitslage im Land nicht verschlimmert und die Menschen auf dem Land weiterhin mit allem aus der Luft versorgt werden können, was sie benötigen.

- in Angguruk gibt es eine größere Parkfläche für die Flugzeuge, sodass auch mehrere gleichzeitig vor Ort sein können

- Nisikni auf 6900ft

- Anflug auf die Piste von Volmimpi – 6650ft, Piste 324m, Steigung 15-30%
Ein ausführlicher Artikel zum Fliegen in Papua erschien in der Aero International 08/25 sowie online.



