Wer Kappadokien hört, denkt zweifelsohne an eine ganze Schar von Ballonen, die gleichzeitig über einer beeindruckenden Landschaft aus bizarren Felsformationen schweben. Sie sind mittlerweile das Markenzeichen der Region Zentralanatoliens, die bei Touristen sehr beliebt ist. Jeden Tag am frühen Morgen, sofern es das Wetter zulässt, steigen über 100 Ballone zur gleichen Zeit in den Himmel und füllen das Tal um die Stadt Göreme. Doch wie hat alles angefangen? Wie kamen die Ballone in die Türkei?
Vor über 25 Jahren brachten die Britin Kaili Kidner und der Schwede Lars-Eric Möre den ersten Heißluftballon in die Zentraltürkei. Bevor die beiden die wundervolle Landschaft Zentralanatoliens entdeckten, veranstalteten sie Ballonsafaris in Kenia und Tanzania. Zunächst buchten ein paar Individualtouristen die Ballonfahrten, später Aktiv- und Pauschaltouristen. Im Laufe der Jahre kamen immer mehr Anbieter und Ballone ins Land. Heute genießen jährlich eine knappe halbe Million Leute die Aussicht aus der Luft. Der Ballon ist zum Markenzeichen geworden und beschert der Region wertvolle Einnahmen. Viele Touristen kommen sogar nur wegen den Ballonen. Besonders beliebt sind sie bei Hochzeitspaaren. Jeden Morgen sieht man einige von ihnen beim Posieren vor der eindrucksvollen Landschaft und den Ballonen über ihren Köpfen.
Kalkulierbares Wetter und konstante Winde machen die Zentraltürkei zu einem idealen Ort für das Ballonfahren. Pro Jahr gibt es um die 260 Fahrtage, Sommer wie Winter. Wenn das Wetter passt, kommt es im Hochsommer bereits gegen 03.30 Uhr in aller Früh zu einer regelrechten Rushhour in der Gegend um Göreme. Hunderte von Kleinbussen sammeln die Touristen in den verschiedenen Ortschaften ein und bringen sie zu den Veranstaltern. Erst 30 Minuten vor dem geplanten Start gibt die Luftsicherheitsbehörde bekannt, ob ein Start wetterbedingt erlaubt wird oder nicht.
Frühestens eine halbe Stunde vor Sonnenaufgang darf gestartet werden. Jeder Veranstalter hat seine eigenen Startplätze, diese können jedoch je nach Wind variieren. Einige Ballone steigen bereits vor Sonnenaufgang in den Morgenhimmel, andere ziehen nach, wenn die Sonne bereits die ersten Bergspitzen beleuchtet. Spätestens dann befinden sich bis zu 150 Ballone gleichzeitig am Himmel. Die meisten von ihnen fahren zunächst in nur wenigen Metern über die pyramidalen Tuffstein-Formationen, die zum UNESCO-Weltkulturerbe gehören. Die sog. Feen-Kamine wurden vor 20 Millionen Jahren durch Staub- und Ascheablagerungen nach Vulkanausbrüchen gebildet. Einheimische nutzten die Kamine und schlugen teilweise Wohnungen in diese hinein. Sogar heute noch werden sie zum Teil bewohnt. Zwischen den bewohnten Felsen befinden sich auch hunderte von Höhlenkirchen, welche vom 4. bis zum 6. Jahrhundert gebaut wurden.
An manchen Tagen kann man sogar im Kreis und somit mehrmals über die Feen-Kamine fahren, wenn in den niedrigen Höhen der Wind in die eine Richtung weht und in den oberen in die entgegengesetzte. Erlaubt es der Wind, steigen die Ballone auch in die höheren Schichten und erlauben den Touristen einen schönen Weitblick über das Tal hinaus. In der Regel dauern die meisten Ballonfahrten eine knappe Stunde. Doch wer eine Deluxe-Tour gebucht hat, fährt vielleicht aus dem Tal hinaus und landet später in einem anderen. Je nachdem, wohin der Wind weht…
Dieser Artikel erschien erstmals in der Aero International 02/2025