Fast jedem dürften vermutlich die silber-orangen King Air 350 von Flight Calibration Services bekannt sein. Sie sind regelmäßig Gast auf verschiedenen deutschen und europäischen Flughäfen, darunter auch München. Auffällig ist, dass diese fast ausschließlich nachts unterwegs sind und immer wieder Anflüge auf die Landebahnen machen. Was steckt dahinter? Ich hatte die Gelegenheit, einen dieser Flüge begleiten zu dürfen.
Gegen 22.00 Uhr treffe ich im GAT die Flight Calibration Services Crew, bestehend aus Pilot, Copilot und „Datenauswerter“. Nach einem kurzen Briefing geht es zur Maschine. Heute ist das die D-CFME, eine Beech King Air 350. Es ist die etwas jüngere der beiden Maschinen der Firma. Am Funk fragt die ATC kurz, was wir denn vorhaben. Eigentlich sind wir schon fertig, doch wir müssen noch bis 23.00 Uhr warten. Erst dann bekommen wir die Start up clearance, da der Flugverkehr in München zu dieser Zeit deutlich abnimmt und somit Raum für die Vermessungsflüge zur Verfügung steht.
Um 23.20 Uhr starten wir auf RWY 26L. Zunächst geht es nach Wolnzach. Bei dieser Strecke werden in 5000ft, das ist die Minimalhöhe, in der Funkfeuer noch 100% korrekt anzeigen müssen, mit 160kts diverse VORs, DMEs, TACANs etc. an- und überflogen. Die Messstation im Flieger hinten zeichnet etwaige Abweichungen auf. Daher ergeben sich diese auf Flightradar24 zu sehenden wilden und oft nicht verständlichen Flugmuster.
Kurze Zeit später geht es wieder zurück zum Flughafen, wo das ILS RWY 08L angesteuert wird. Aufgrund unseres Testfluges drehen die Fluglotsen die Landerichtung auf 08, da der Wind heute ohnehin schwach ist und jetzt nach Mitternacht aufgrund des Nachtflugverbots kaum mehr Flugverkehr stattfindet. In nur fünf Metern Höhe überfliegen wir die RWY mit knapp 200kts. Bis zum Ende, erst als der Beton aus ist, steigen wir mit Minimalsteigrate und 160kts sehr langsam wieder auf 5000ft. Noch Kilometer hinter dem Bahnende donnern wir in nur wenigen 100ft über Häuser und Dörfer. Ich freue mich für die dort wohnenden Lärmgegner. Es wundert mich nicht, dass sogar in der Zeitung ein Artikel über den Vermessungsflug zur Aufklärung der eventuell besorgten Bürger steht. Der Grund, warum mit Minimalsteigrate geflogen wird, ist, dass überprüft wird, ob die Funkfeuer und Sendeanlagen auch in den tiefsten Höhen noch korrekt anzeigen. Denn Abweichungen fallen am ehesten in den Randbereichen auf. Sollte ein Verkehrsflugzeug während eines Notfalls gezwungen sein, extrem tief zu fliegen, müssen auch in dieser Höhe korrekte Werte geliefert werden.
Im weiteren Verlauf fliegen wir noch weitere Funkfeuer an, dann einmal schön über die beleuchtete Stadt München und viele weitere Anflüge auf die beiden RWYs 08L und 08R mit verschiedenen Anflugsprofilen.
Nach knapp zweieinhalb Flug sind alle Daten im Kasten und wir landen gegen 02.00 Uhr in der Früh auf RWY 08R mit einer der wenigen Ausnahmegenehmigungen während des Nachtflugverbots Münchens. Diese Vermessungsflüge sind aufgrund ihrer Komplexität sehr anstrengend. Daher wird in der Regel nicht länger als drei bis vier Stunden am Stück geflogen. Die Piloten haben sich ihren Feierabend verdient.