- Start mit Airblue A320 in Islamabad
Nach einer knappen halben Stunde meldet sich der Kapitän mit einer Durchsage bei den Passagieren. Stolz verkündet er, dass man auf der rechten Seite den 8125m hohen Nanga Parbat sehen könne. Unzählige Fotoapparate und Handys klicken, während der Airbus A320 der Airblue die gewaltige Eis- und Gletscherlandschaft in nur 2000ft Höhe über dem Gipfel passiert. Die Reiseflughöhe beträgt 28.500ft, der Gipfel des neunthöchsten Berges der Welt ragt aber bis auf 26.600ft in die Höhe. Da ist nicht mehr viel Luft zwischen Airbus und Berggipfel.
- Nanga Parbat
Pakistan hat im Norden Anteil am Himalaya. Dieser geht ab dem Nanga Parbat nahtlos in den Karakorum über. Genau dort befinden sich zwei Flughäfen, die es in sich haben: Skardu und Gilgit. Sie gelten als die schwierigsten Flughäfen des Landes. Beide Plätze werden derzeit von der pakistanischen Airblue und Pakistan International Airlines (PIA) angeflogen. Letzterer sogar nur von PIA. Beide Destinationen können ab Verlassen der Reiseflughöhe nur im Sichtflug, also VFR, angeflogen werden. Da liegt es auf der Hand, dass die Flüge bei schlechtem Wetter oft ausfallen oder viele Stunden Verspätung haben. Die Sommermonate von Juli bis Mitte Oktober allerdings bieten meist gutes Bergwetter. Eines haben beide Ziele bei gutem Wetter gemeinsam: ein gewaltiges Bergpanorama im Anflug.
Jeden Tag gibt es eine Verbindung zwischen der pakistanischen Hauptstadt Islamabad und Skardu. Entweder von Airblue, PIA oder von beiden zusammen. Aktuell kommen bei beiden Airlines jeweils A320 zum Einsatz. Die Flugzeit nach Skardu beträgt lediglich knapp 50 Minuten. Schon kurz nach dem Stadt beginnen die ersten Berge des Himalaya. Anders als in den uns bekannten Alpen ragen diese viel steiler und höher empor. Bei gutem Wetter können die Passagiere auf allen Flügen den Nanga Parbat bewundern. Manchmal, aber nur im Sommer und bei ruhigem Wetter, bekommen die Piloten eine Abkürzung und dürfen zur Freude der Fluggäste sehr nahe an diesem vorbeifliegen.
Kurze Zeit später wird es spannend. Skardu (IATA-Code KDU) liegt auf 7316ft in einem engen Tal. Die umgebenden Berggipfel sind 14.000ft hoch. PIA variiert je nach Wetter und praktiziert zwei verschiedene Anflugsvarianten. Airblue folgt strikt einem einzigen Anflugsprozedere. Im Norden wird ins Skardu-Tal eingeflogen und dabei weiter Höhe abgebaut, um kurz danach den Flughafen in 9300ft (2000ft über dem Platz) zu überfliegen.
- Blick auf die beiden Landebahnen von Skardu während des ersten Vorbeiflugs
Etwa dreieinhalb Kilometer nach dem Flughafen dreht der Airbus am Ende des Tals im Süden 180° zurück in den Gegenanflug zur RWY 14R und folgt dabei dem Fluss Indus.
- Eindrehen zum Gegenanflug
Erneut passiert er den Flughafen, bis drei Meilen nach der Schwelle etwas nach rechts ausgeholt werden muss, um genügend Platz für die letzte 180°-Kurve in den Endanflug zu haben. An dieser Stelle misst das Tal lediglich 2km Breite. Nicht viel für einen A320. Der Endanflug beginnt schließlich in einer Höhe von 800ft über Grund.
- erneuter Vorbeiflug am Flughafen, diesmal auf der Nordseite
- Eindrehen zum Endanflug im engen Tal von Skardu
Gleich nach der Landung biegt der Airbus im letzten Drittel der Landebahn nach rechts auf die Parkfläche ab. Aufgrund fehlender Infrastruktur kann nicht näher ans Terminal herangerollt werden. Die Passagiere steigen scheinbar mitten in der Prärie aus und werden anschließend mit einem Bus ins zwei Kilometer entfernte Terminal gefahren. Skardu wurde 1949 als Militärbasis gebaut, später wurde ziviler Inlandsverkehr genehmigt. 2021 wurde er nach einem Umbau offiziell als internationaler Airport ins Register eingetragen. Bisher fanden jedoch nur sehr vereinzelt internationale Flüge statt. Das tägliche Geschäft sind die Linienflüge von und nach Islamabad.
Am Flughafen gibt es drei Landebahnen. Die 14R/32L ist 3640m lang und 45m breit. Sie ist die neueste. Die alte 14L/32R dient als Reserve. Nicht mehr aktiv ist die kleine 2660x35m messende 15/33 direkt am Terminal. Auf ihr fährt nun der Bus auf dem Weg zum Terminal.
- Skardus alte Landebahn – auf ihr rollt nur noch der Bus
Das Terminal ist klein und beschaulich. Mit einer Ladung Passagiere von einem A320 ist es auch ausgelastet. Der Wartebereich ist verziert mit schönen Holzsofas und Bildern aus der Bergregion. Das Sagen hier hat das Militär. Aber die Atmosphäre ist freundlich und nett. Die Airbusse verbringen in Skardu meist etwa eine Stunde. Getankt werden muss nicht, denn in Islamabad werden die Tanks für Hin- und Rückflug befüllt.
- die nette Crew von Airblue
Sowohl PIA als auch Airblue folgen gemeinsam einem vorgeschriebenen Abflugsprozedere. Dem Start auf RWY 14R folgt eine 30°-Kurve nach links in Richtung Stadt Skardu. Nach dessen Überflug wird um 180° gedreht, bis der Flughafen erneut überflogen wird. Hier muss der Airbus 16.000ft Höhe haben, um die Berge in Richtung Westen überfliegen zu können. Da die Flugzeit relativ kurz ist und somit wenig Gewicht mitgeführt werden muss, reicht eine normale Steigrate, um diese Höhe zu erreichen.
- die aktive RWY 14R/32L
- für’s Militär sind am Ende der RWY Fangseile gespannt
- Blick auf die alte RWY 32R beim Abheben
- Umkehrkurve nach dem Start. Es muss Höhe aufgebaut werden, um das Tal verlassen zu können
- spektakulärer naher Vorbeiflug am Nanga Parbat
- neuer Tag, gleiches Bergpanorama. Aber besseres Wetter – erneut Anflug auf Skardu, diesmal mit PIA Pakistan International Airlines
- Bordservice bei PIA
- Eindrehen zum Endanflug auf RWY 14R
- Skardu ist militärischer Stützpunkt
- die Piloten der PIA A320 nach der Landung in Skardu
Der Flughafen Gilgit (IATA-Code GIL) hat wieder einen ganz anderen Charme. Hier hat PIA das Monopol. Mit ihrer einzigen in der Flotte verbliebenen ATR 42-500 verbindet sie Gilgit mit Islamabad. Die Flugpassagiere erwartet hier ebenfalls ein spektakulärer Flug über die Berggipfel des Karakorum. Allerdings auf viel niedrigerer Höhe. Die ATR bewegt sich hier in nur 18.500ft, also nur knapp über den Berggipfeln. Entweder fliegen die Piloten die sog. Valley Route entlang des Flusses Indus. Diese Strecke dauert knapp zehn Minuten länger, aber bietet im Falle von schlechtem Wetter mehr Sicherheit, da immer entlang des Tals geflogen wird. Die Alternative ist die gleiche Route bis zum Nanga Parbat, wie sie auch die Airbusse nach Skardu fliegen. Knapp nördlich des Nanga Parbat allerdings geht es dann nach Westen und die ATR folgt dem Talverlauf des Flusses Gilgit.
- Boarding der PIA ATR 42-500 in Islamabad für den Flug nach Gilgit
- die ATR fliegt niedriger über die Berge des Karakorum als die Airbusse
- Anflug auf Gilgit im engen Tal
Die Landebahn 25 auf einer Höhe von 4796ft kann allerdings nicht geradelinig angeflogen werden, denn genau in deren Anflugslinie befindet sich ein Berg. Deswegen sinkt die ATR in einer flachen lang gezogenen Linkskurve bis zur Landung auf die RWY 25 ab. Diese reicht mit einer Abmessung von 1646x30m gerade für eine ATR.
- die einzige in der Flotte verbliebene ATR von PIA im Anflug auf Gilgit
Geparkt wird direkt vor dem Terminalgebäude und die Passagiere gehen zu Fuß.
Nach einer Stunde Aufenthalt verlässt die ATR Gilgit wieder Richtung Islamabad. Gestartet wird in Gegenrichtung zur Landung, auf RWY 07. Um die 50 Minuten dauert es, bis die Passagiere wieder im Flachland in Islamabad ankommen.
- nach dem Abheben muss nach rechts abgedreht werden, um dem Berg in Verlängerung der RWY auszuweichen
- pakistanische Gastfreundschaft an Bord der ATR
Dieser Artikel erschien in abgewandelter Form erstmals in der Aero International 05/25.